Walter Tüsfeld

   

Tüsfeld Walter Tüsfeld wurde am 30. November in Lücklemberg in der Olpketalstraße geboren
und starb - nach einem aktiven Leben am 01. Juli 1989.

Über seinem Leben standen als prägendes Motto die Worte aus einem Gedicht Maxim Gorkis:“ … das Allerheiligste ist der Mensch“

Sein Vater, Bergmann, war früh durch einen Unfall Invalide geworden und verdiente sein Geld durch verschiedene Gelegenheitsarbeiten im Steinbruch, bei der Kaiserbrauerei in Brünninghausen usw.
Seine Mutter vom Bauernhof in Ostwestfalen stammend, versorgte die Familie mit den Erträgen des großen Gartens.
Walter war das jüngste der fünf Kinder und besuchte die Volksschule in Renninghausen von 1908 bis 1916 danach begann er eine kaufmännische Lehre und schloss diese 1919 als kaufmännischer Angestellter ab.
Die Familie wohnte an der Hagener Straße und die ereignisreichen Jahre des Krieges und der revolutionären Ereignisse 1920 spiegelten sich auch auf dieser Straße: Soldatenmärsche, Kämpfer der „Roten Ruhrarmee“, Einmarsch von Freikorps und Wehrmacht. Walter war neugierig, interessiert, nahm diese Bilder auf und begann zu hinterfragen.
1920 tritt er dann in den Wandervogelbund „Der Landfahrer“ Ortsgruppe Barop ein. Von nun an gehören Wanderungen – sie wurden „Fahrten“ genannt - zu seinem Leben. Aber sein Interesse gilt auch immer mehr der Literatur, dem Theater, der Musik – regelmäßig geht er in Ausstellungen, lässt sich von den Expressionisten begeistern.
Ab 1922 ist Walter arbeitslos, nach einer 75 Tage dauernden „Großen Fahrt“ durch Deutschland arbeitet er einige Monate auf der Zeche „Glück auf Tiefbau“ nimmt am Streik um die Erhaltung der 7 Stundenschicht teil.
Dann arbeitet er auf dem Baroper Walzwerk. Am 16. 01. 1923 beginnt für Hombruch und Brünninghausen die „Ruhrbesetzung“ durch die Französische Armee. Walter verteilt mit Freunden Antikriegsmaterial und sucht Kontakt zu französischen Soldaten. Er tritt in die illegale KPD ein.
1924 wird er wieder arbeitslos und nutzt die Zeit für lange Wanderungen. Zum 30. Juli 1924 schreibt er: „erste Radioübertragung bei W.B. in Hamburg gehört“.
Er arbeitet hier und da: als Landarbeiter, auf dem Kieselguhrwerk in der Heide, macht Notstands und Gelegenheitsarbeit, ist Bauarbeiter und Steinbrucharbeiter.
1927 lernt er seine spätere Frau Hertha Heine aus Hombruch kennen, während sie zum Studium nach Frankfurt geht, wird er Mitglied im „Bund revolutionärer Schriftsteller“. Politisch wendet er sich gegen den aufkeimenden Faschismus und Antisemitismus und tritt dem „Kampfbund gegen den Faschismus“ bei.
Als am 31.01. 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannt wird, nimmt er an der Demonstration und Kundgebung der KPD in Hombruch teil, an seiner Seite Karl Schwartz – der 1945 im Rombergpark ermordet wird und an den ein Stolperstein und eine Straße in Hombruch erinnern.
Am 18.04. und 15.09. Hausdurchsuchungen und Verhaftungen mit anschließender Schutzhaft in der Steinwache. Seine geliebten Bücher werden beschlagnahmt.
1934 findet er endlich Arbeit als Vesandüberwacher bei der IG Farbenindustrie, Werk Dortmund Hafen. Diese Arbeitsstelle ist als „kriegswichtig“ eingestuft und ihr – so sagt Walter später immer verdankt er sein großes Glück: er muss nicht in den Krieg!
1935 Hochzeit mit Hertha und Einzug in die Wohnung in der Kaiserstraße.
1939 ein Tag nachdem die Deutsche Armee Polen überfallen hat, wird ihre Tochter Dagmar geboren. Der Zweite Weltkrieg bringt Angst und Schrecken.
1943 erfolgt wieder eine Verhaftung, Verhöre in Hörde, Anklage: Vorbereitung zum Hochverrat. Bombennächte in der Steinwache. Mehr ein Zufall ist seine Freilassung.
Jetzt übersiedeln seine Eltern, Hertha mit Dagmar in die Heimat der Mutter nach Ostwestfalen. Im August wird dort die Tochter Doris geboren.
Walter zieht zu seiner Schwester in die elterliche Wohnung nach Renninghausen in die Stockumer Straße. Bis zum Ende des Krieges lebt er dort, besucht mit Bahn oder Fahrrad manchmal seine Familie in Ostwestfalen.
Am 30. März 1945 macht er sich wieder auf den Weg, am 24. April kehrt er zurück nach Dortmund, der Krieg ist hier vorbei, amerikanische Truppen haben die Stadt befreit.
Am 27 Juli kommt die Familie zurück nach Dortmund, (Walters Mutter ist 1944 in ihrer Heimat gestorben), alle ziehen in die Wohnung in Renninghausen, da die Wohnung in der Kaiserstraße zerbombt ist. Der Vater findet sich in der zerstörten Stadt nicht mehr zurecht, auch hat er sich bei der Rückfahrt auf offenem LKW eine schwere Erkältung zugezogen, er stirbt am 18. Oktober 1946 und wird auf dem Bauernfriedhof beerdigt.
Walter wird Sekretär des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ und ab 1948 bis 1953 Geschäftsführer der „Gemeinschaftshilfe e.V.“, Freier Wohlfahrtsverband Bezirk Westfalen, auch Hertha nimmt dort eine Stelle als Jugendgerichtshelferin an.
Ab 1953 arbeitet er als Lohnbuchhalter bei Gustav Reuße, Lebensmittel Filialbetrieb Dortmund,1961 wird der Betrieb vom REWE Lebensmittelgroßhandel übernommen, Walter bleibt dort Lohnbuchhalter bis zu seiner Verrentung 1966.
In diesen Jahren engagiert er sich in der Friedensbewegung, protestiert gegen die atomare Bewaffnung.
Als 1959 die „Gemeinschaftshilfe“,der „Kulturbund“ und die KPD verboten werden, kommt es wieder zur Hausdurchsuchung, Beschlagnahmen und Verhören.
Walter beteiligt sich an den Ostermärschen für Frieden, wendet sich gegen die Notstandsgesetze.
Doch unternimmt er nun auch wieder längere Wanderungen besonders begeistert ihn eine vier monatige Fahr durch Spanien, Monaco, Italien und die Schweiz.
Seine beiden Töchter sind verheiratet, Enkelkinder werden geboren, gemeinsame Urlaube verbracht. Nun kann er sein Wissen, seine Erfahrung weitergeben, seine humorvollen Erzählungen prägen sich ein. Wo Walter mitmacht, gewinnt er sogleich durch sein freundliches Wesen, seine Aufgeschlossenheit, so wird er Mitbegründer und Vorsitzender des Kleingartenvereins Brünninghausen und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Bauernfriedhof Renninghausen. Sein Interesse gilt der Heimatgeschichte dieser Ortschaften, nachdem er die Familiengeschichte der Tüsfelds geschrieben hat.
1979 wirft ihn ein Unfall mit anschließender Operation zurück, das Laufen wird beschwerlicher, die Wanderungen weniger. Reisen bleiben ihm aber wichtig und mit Hertha macht er noch manche Fahrt durch die Lüneburger Heide, Bayern, den Schwarzwald.
Er nimmt sich mehr Zeit für seine Bücher, die Wohnung ist weiterhin Treffpunkt von Freunden, Bekannten und Interessierten. Es ist oft schwer für ihn, wenn die alten Freunde sterben, seine Gedanken schreibt er dazu ins Tagebuch.
Leider nehmen die Gelenkbeschwerden immer mehr zu, an wandern ist nicht mehr zu denken, trotzdem ist er immer freundlich, kann zuhören und diskutieren, ist Mittelpunkt der Familie. Als Freude erlebt er das Ferienhaus in Ostwestfalen, in der Heimat seiner Mutter.
Dort stirbt er am 1. Juli 1989, beigesetzt wird er auf dem Bauernfriedhof Renninghausen.

Text von Doris Borowski, geb. Tüsfeld (nach Aufzeichnungen ihres Vaters) Februar 2020